Beasts of the Southern Wild

Es ist Sommer und damit wieder Filmfest-Zeit in München. Den Anfang meines Programms machte ein kleiner Independent-Streifen, auf den ich schon seit den euphorischen Kritiken (und dem Gewinn des Hauptpreises) beim Sundance Film Festival sehnlichst wartete: Beasts of the Southern Wild.

Was Erstlingsregisseur Benh Zeitlin da vollbracht hat, ist schon ein kleines Wunder: Sein abenteuerliches Märchen strotzt nur so vor Lebensfreude, ist gleichzeitig ein erschütterndes, zutiefst berührendes Vater-Tochter-Drama und ein perfekter Coming-of-Age-Film. Mit der kleinen Hushpuppy (Quvenzhané Wallis), die nicht nur ihren Platz im Leben, sondern im ganzen Universum finden will, hat Zeitlin die wohl mitreißendste Heldin des Kinojahres geschaffen.

Hushpuppy lebt mit ihrem Vater Wink (Dwight Henry) im Bathtub, einer fiktiven, sumpfigen Region im Süden Louisianas, die mit jeden Sturm kurz vor ihrem Ende steht. Die Bewohner des Bathtubs sind vom Leben gezeichnet, sie trinken, sie feiern, sie halten zusammen und sie versuchen zu überleben, nachdem ein verheerender Sturm die Region tatsächlich verwüstet hat. Wink ist mit Hushpuppys Erziehung sichtlich überfordert, er ist unberechenbar, wütend, gleichzeitig liebevoll. Seine Liebe gleicht oft einem Survival-Training, doch das benötigt Hushpuppy auch. Denn Wink ist schwer krank und Hushpuppy muss kämpfen – gegen ihre Ängste, gegen urzeitliche Tiere und für einen Platz im Leben.

Quvenzhané Wallis als Hushpuppy

Und dieser Kampf ist so einnehmend, wie kaum etwas, das in letzter Zeit das Licht der Kinoleinwand erblickte. Das liegt an den phantastischen Bildern, die uns auf Hushpuppys Augenhöhe ein hartes, aber auch ein romantisches Bild vom Bathtub zeigen. Es liegt an der gänsehauterzeugenden Musik, die einer Hymne auf das Leben gleicht. Und es liegt an den beiden Laiendarstellern, die unsere Aufmerksamkeit an sich fesseln. In Dwight Henrys Wink brodelt es ständig, er ist lebensnotwendig und gleichzeitig eine Gefahr für Hushpuppy. Quvenzhané Wallis hat mehr Voiceover-Text als tatsächliche Dialoge, zeigt aber eine erstaunliche Präsenz. Ihre Hushpuppy ist willensstark, doch die Umstände verlangen viel mehr von ihr, als es einem sechsjährigen Mädchen zuzumuten ist.

Wie Hushpuppy über sich hinauswächst ist die bisher schönste Geschichte des Kinojahres. Beasts of the Southern Wild verzaubert mit seinem magischen Realismus und lässt von Regisseur Benh Zeitlin in Zukunft Großes erwarten.

10/10

Regulärer Kinostart in Deutschland ist Ende Dezember.