Punch-Drunk Love

Barry Egan (Adam Sandler) ist selbstständig: Er verkauft Saugglocken zur Toilettenreinigung. Zu Beginn von Punch-Drunk Love sitzt er an einem Schreibtisch in seiner Lagerhalle. Er wirkt im großen Raum verloren und allein. Kurz darauf tritt er hinaus ins gleißend helle Licht und nähert sich der Straße. Er blickt die Straße hinab, es herrscht absolute Ruhe, doch dann nähert sich ein Auto und überschlägt sich ohne Vorwarnung. Kurz darauf kommt ein weiteres Fahrzeug, hält direkt vor Barry und ein Harmonium wird vor seinen Füßen abgestellt.

Schon die ersten Minuten machen deutlich, was Barry und den Zuschauer in den folgenden 90 Minuten erwarten wird. In Barrys Leben wird unvorhersehbares Chaos herrschen und gleichzeitig wird er seine große Liebe kennenlernen. Doch Barry, den Adam Sandler herrlich subtil gibt, weiß von seinem Glück noch nichts. Seine sieben Schwestern unterbrechen ihn ständig bei seiner Arbeit, eine davon will ihn gar mit ihrer Kollegin Lena Leonard (Emily Watson, Breaking The Waves, Gosford Park, Synecdoche, New York) verkuppeln, ein harmloser Anruf bei einer Telefonsex-Hotline führt zu einer abstrusen Verkettung von Erpressung und Gewalt, und dann gibt es da auch noch die Tausende Puddinge, die in Barrys Lagerhalle stehen. Kein Wunder, dass Barry seine Wutanfälle da kaum mehr kontrollieren kann.

Im Gegensatz zu seiner Charakterisierung des Pornomilieus der 70er Jahre (Boogie Nights), dem Panoptikum menschlicher Verzweiflung (Magnolia) oder der Dekonstruktion des amerikanischen Traums (There Will Be Blood), legt Paul Thomas Anderson Punch-Drunk Love weniger episch an und präsentiert im Grunde eine romantische Komödie. Doch was für eine: Er wirbelt das Leben des Sonderlings Barry Egan dermaßen durcheinander, dass die Geschichte kaum mehr in der Realität anzuordnen ist. Und so nimmt auch Andersons Inszenierung surreale Züge an: Immer wieder ist das Bild durch Blendenflecke gekennzeichnet, Über- und Unterbeleuchtungen werden stark kontrastiert, das Setdesign wirkt unwirklich. So ist Lenas Wohnung komplett in weiß gehalten; im Supermarkt scheinen die Produkte farblich sortiert zu sein.

Obwohl die Geschichte so bizarr ist, ist Barrys Weg zum persönlichen Glück doch anrührend. Wer eine typische romatische Komödie oder gar einen klassischen Adam Sandler-Film erwartet, wird allerdings enttäuscht werden. Punch-Drunk Love ist letztlich – trotz fehlender Epik – ein unverkennbares Anderson-Werk, das ganz in der Tradition des misslungenen Drogendeals in Boogie Nights, des Froschregens in Magnolia oder des „I’ll drink your milkshake“-Finales von There Will Be Blood steht. Und damit hat mich Punch-Drunk Love ziemlich begeistert.

9/10